Die FDP Niedersachsen fordert einen Handlungsrahmen für beste Bildung in Niedersachsen.

Der Landesparteitag hat beschlossen:

Ziel jeder Schulpolitik muss der größtmögliche Bildungserfolg jedes einzelnen
Schülers sein. Dafür müssen die Kinder wieder in den Fokus der Bildungspolitik
rücken. Schule muss darauf ausgerichtet sein, die Schüler individuell zu fördern
und zu fordern. Individualität, Vielfalt, Chancengerechtigkeit und Leistung
statt Kollektivismus, Einheitsschule, Gleichmacherei und Anspruchslosigkeit sind
die bildungspolitischen Grundwerte der Freien Demokraten.

Jeder Schulabgänger soll in die Lage versetzt werden selbstbestimmt leben zu
können und dabei Verantwortung nicht nur für sich, sondern auch für Familie,
persönliches Umfeld und die Gesellschaft zu übernehmen.

Mit dem Startchancenprogramm haben die Freien Demokraten im Bund den Grundstein
gelegt für das größte schulpolitische Vorhaben der Bundesrepublik Deutschland.
Mit 10 Milliarden Euro wird der Bund in den nächsten Jahren die Bundesländer bei
der Weiterentwicklung von Brennpunktschulen zu Schulen mit Chancen unterstützen.

Nicht die Herkunft, sondern Leistung und Wille sollen über den Bildungsweg der
Schüler entscheiden.

Dafür müssen allerdings jetzt die Bundesländer die notwendigen Grundlagen legen
und dürfen sich nicht in alten ideologischen Debatten verfangen. Es ist Zeit für
einen stabilen schulpolitischen Rahmen und Kontinuität in der Bildungspolitik.

 

Grundvoraussetzungen dafür sind

  • beste und ausreichend Lehrkräfte,
  • Ressourcen für eine individuelle Entwicklung der Schüler,
  • Freiheit für die Schulen
  • Leistung statt Anspruchslosigkeit
  •  Verantwortung aller Akteure

1. Beste und ausreichend Lehrkräfte

Wir Freie Demokraten wollen die Unterrichtsversorgung in Niedersachsen auf die
notwendigen statistischen 110 Prozent bringen. Jede ausgefallen
Unterrichtsstunde nimmt Kindern Chancen auf Bildungserfolg und Aufstieg durch
Bildung. Allein die millionenfach ausgefallenen Unterrichtsstunden in der
Corona-Pandemie sind ein Bildungs- und Zukunftsraub an der heutigen
Schülergeneration gewesen.

Wir müssen den Anspruch haben den ausgefallenen Unterricht der Corona-Pandemie
nachzuholen, anstatt jedes Jahr weiteren Unterricht planmäßig ausfallen zu
lassen.

So wollen wir das erreichen:

  • Klare Priorität für den Pflichtunterricht
  • Zusätzliches nichtlehrendes Personal und externe Partner für den
    Ganztagsbereich
  • Jährlich auf Grundlage einer 110-prozentigen Unterrichtsversorgung
    ausschreiben
  • Entlastung von Bürokratie und Administration durch Verwaltungskräfte und
    IT-Experten
  • Studienkapazitäten nach fächer- und schulspezifischem Bedarf ausbauen und
    die NC-Regelung entsprechend anpassen.
  • Nahtlose Übergänge vom Studium in den Vorbereitungsdienst und das Lehramt
  • Gesunderhaltung der Lehrkräfte stärken

Die großen Bildungsstudien haben übereinstimmend zu dem Ergebnis geführt, dass
die Lehrkraft den größten Einfluss auf den Bildungserfolg der Schüler hat. Daher
müssen wir die Lehramtsausbildung stärken und weiterhin schulformspezifisch
vornehmen. Mit pädagogischen Hochschulen für das Grundschullehramt wollen wir
die Ausbildung enger mit der Praxis verknüpfen und die Pädagogik noch mehr
herausstellen. Die Lehrkräfte benötigen aber auch die Zeit und die Ressourcen
bestmöglichen Unterricht gestalten zu können.

Wir wollen die Lehrkräfte in die Lage versetzen das zu tun, was sie gelernt
haben: unterrichten.

So wollen wir das erreichen:

  • Schulformspezifische Lehramtsausbildung
  • Schaffung von pädagogischen Hochschulen für das Grundschullehramt
  • Prüfung der Berufseignung vor oder zu einem frühen Zeitpunkt des
    Lehramtsstudiums
  • Schaffung von Anreizen durch Karrierechancen (Schule und Wissenschaft)
  • enge Verzahnung von Theorie und Praxis im Studium
  • Stärkung der digitalen Kompetenzen im Studium
  • Abbau von Bürokratie und Dokumentation
  • Entlastung ab dem 55. Lebensjahr
  • Prüfung neuer Arbeitszeitmodelle zur Gesunderhaltung
  • Quereinstieg im Studium erleichtern
  • Finanziell attraktive Fortbildung für Quereinsteiger vor eigenem Unterricht
  • Einrichtung einer einheitlichen "Nummer gegen Kummer" mit qualifizierten
    Ansprechpartnern für Fragen rund um kulturelle Konflikte

2. Ressourcen für eine individuelle Entwicklung der Schüler

Eine individuelle Entwicklung der Schüler erfordert eine individuelle Förderung
der Schüler. Die aktuelle Mangelverwaltung in der Schule verhindert eine
ausreichende individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler. Die Klassen
sind zu groß, Inklusion überfordert das System und es fehlt an weiteren
benötigten Professionen in der Schule. Wir wollen die Schulen so ausstatten und
ausrichten, dass jeder Schüler seinen Platz im Schulsystem findet. Das wollen
wir zum einen über ein Angebot von vielfältigen Schulformen, zu denen auch die
Förderschulen zählen, erreichen, und zum anderen über die notwendigen Ressourcen
in der Schule. Dass das System Schule einer zunehmenden Zahl von Schülern nicht
mehr gerecht wird, zeigen die steigenden Zahlen der Schulbegleitungen. Hier wird
über die Kommunen und das SGB der Ressourcenmangel versucht auszugleichen.  

Jeder Schüler bringt seine eigenen Herausforderungen mit in die Schule und
Schule muss in die Lage versetzt werden darauf reagieren zu können. Das ist
inklusive Beschulung.

So wollen wir das erreichen:

  • Verkleinerung der Klassen (vorrangig Grundschulen)
  • Ausbau von multiprofessionellen Teams
  • Anpassung der sonderpädagogischen Grundversorgung an allen Schulen der Primar- und Sekundarstufe
  • Schulsozialarbeiter für jede Schule in Niedersachsen
  • Ressourcensteuerung auch über Sozialindizes
  • durchgängige digitale Schülerakten
  • konsequente Anwendung des in der Grundlagenforschung bereits vorhandenen Wissens über Gedächtnisprozesse

Zur individuellen Entwicklung der Schüler gehört aber auch die Schaffung von
Perspektiven im Anschluss an die Schulzeit. Wohlwissend, dass viele Projekte im
Bereich der Berufsorientierung belegt haben, dass diese Perspektiven
insbesondere schwächere Schüler zu besseren Leistungen motivieren, wurden diese
dann eingestellt und nicht landesweit umgesetzt – oder halbherzig mit zu wenig
Ressourcen implementiert.

Eine Zukunftsperspektive steigert die Lernmotivation der Schüler in der
Gegenwart. Für die Schüler muss das Ziel und die Sinnhaftigkeit des Lernens
erkennbar sein.

 

So wollen wir das erreichen:

  • Stärkung der Berufsorientierung im Ganztagsbereich
  • Ausbau von Praktikumsphasen für die Schulen des Sek-I-Bereichs
  • Ressourcen in den Berufsbildenden Schulen die Schüler aus der
    Vollzeitschule in die duale Ausbildung zu bringen, zum Beispiel durch die
    Stärkung der freien Träger und die Möglichkeit der Ausgliederung
    von Berufsvorbereitungs-, Berufseinstiegs- und Sprachlernklassen.

3. Freiheit für die Schulen

Wir setzen uns dafür ein, dass die Freiheitsgrade der Schulen erhöht und den
Schulleitungen und Lehrkräften mehr Raum für kreative Lösungen gegeben wird.
Nach dem Vorbild des Chancenbudgets im Startchancenprogramm des Bundes sollen
alle Schulen in Niedersachsen ein Freiheitsbudget bekommen, welches für die
Schulentwicklung, innovative Lehrmethoden, kulturelle Bildung, zusätzliches
Personal oder das eingesetzt werden kann, was an der Schule notwendig ist, aber
aus keinen anderen Mitteln finanziert werden kann. Das Budget muss unkompliziert
abrechenbar sein – zusätzliche Bürokratie wäre das Gegenteil von Freiheit.

Die pädagogische Kompetenz sitzt in den Schulen, nicht im Parlament, nicht in
der Verwaltung.

So wollen wir das schaffen:

  • Entbürokratisierung von Schule
  • Abbau der Dokumentationspflichten
  • Mehr Freiheit in der Schulorganisation
  • Fokussierung der Aufsicht auf das Ergebnis, weniger auf den Weg

4. Leistung statt Anspruchslosigkeit

Leistung muss sich für Schüler lohnen. Wir Freie Demokraten wollen den Schülern
und Eltern ein ausdifferenziertes, aber auch klares Bild über den Leistungsstand
geben. Deswegen stehen wir für eine verbindliche Notenvergabe ab Klasse 3 mit
der Möglichkeit zu individualisierten Textergänzungen durch die Lehrkräfte.
Hierbei wollen wir auch die Deutschnote in der Bewertung wieder differenzieren
und damit auch der Rechtschreibung und der Schrift und Form wieder eine
besondere Bedeutung geben.

 

Der Erwerb von Wissen und Fähigkeiten erfolgt durch Lernen, Wiederholen und
Anwenden. Anstrengung, Zielstrebigkeit und auch Scheitern gehört zu dem Prozess
dazu.

So wollen wir das erreichen:

  • Noten ab Klasse 3
  • Die Möglichkeit des 15-Punkte-Systems auch für höhere Jahrgänge der
    Sekundarstufe I
  • Wiedereinführung der Schullaufbahnempfehlung mit Möglichkeit von
    Eignungstests
  • Beibehaltung von Bundesjugendspielen
  • Förderung von Schülerwettbewerben

5. Verantwortung aller Akteure

Bildung und Erziehung funktioniert nur in einer funktionierenden Partnerschaft
zwischen Schüler, Eltern und Schule. Eine besondere Aufgabe liegt bei den Eltern in der Vorbereitung der Kinder auf die Schule und der Begleitung der eigenen
Kinder während der Schullaufbahn. Die Schulfähigkeit kann nicht
erst in der Grundschule durch die Schule hergestellt werden und ist auch keine
ausschließliche Aufgabe der Einrichtungen der frühkindlichen Bildung. Ebenso
stehen die Schüler in der Verantwortung sich in Schule einzubringen, mitzumachen
und die Regeln des Miteinanders in Schule einzuhalten.

Bildung ist kein passives Konsumgut und Schule bietet hierzu kein Rundum-
Sorglos-Paket. Schüler und Eltern tragen Mitverantwortung für den
Bildungserfolg.

So wollen wir das erreichen:

  • Verbindliche Sprachstandsfeststellung vor der Einschulung
  • bei Bedarf Verpflichtung zur Sprachförderung vor der Einschulung
  • konsequentes Vorgehen gegen Schulabsentismus
  • Möglichkeiten zur Verpflichtung der Eltern zur Teilnahme an relevanten schulischen Terminen (insb. Elterngespräche und Elternabende)
  • Erweiterte Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Schulen und Jugendämtern im Sinne der Schülerinnen und Schüler
  • Schulpflichtverlängerung bei Schulverweis und -absentismus